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Verteidigungsstrategie made by KI: Strafverteidiger versus ChatGPT
Egal ob in den frühen Morgenstunden bei mir durchsucht oder ob mir eine komplexe Umweltstraftat vorgeworfen wird – ChatGPT gibt mir rund um die Uhr, kostenlos und auf alle meine Fragen eine Antwort. Künstliche Intelligenz als zuverlässiger Partner in der Not. Niemals krank, niemals im Urlaub und keine Anschlusstermine. Egal wie viele Fragen ich stelle, ChatGPT ist immer für mich da.
Wozu dann überhaupt noch einen Strafverteidiger* kontaktieren?
Da dieser Beitrag nicht von ChatGPT stammt, dürfte die Antwort nicht überraschen: Weil KI mich nicht in Haft besucht. Aber im Ernst – warum braucht man noch Strafverteidiger, wenn man ChatGPT hat?
Fragt man den Chatbot einmal selbst nach einer Einschätzung, wirkt er nicht gekränkt. Im Gegenteil antwortet ChatGPT, es sei nur ein Hilfsmittel und sollte niemals als Ersatz für professionelle rechtliche Beratung verwendet werden. So könne ChatGPT laut eigenen Angaben „viele Informationen bereitstellen und allgemeine rechtliche Fragen beantworten, aber es [könne] keinen Anwalt ersetzen.“ Die Anwaltschaft atmet auf. ChatGPT ordnet sich brav unter und lässt den menschlichen Profis den Vortritt.
Geht man etwas weiter und beansprucht ChatGPT trotzdem in seiner strafrechtlichen Angelegenheit, nehmen wir eine fiktive Anklage wegen Betruges, verweist die KI sogar an erster Stelle auf die Profis aus Fleisch und Blut: „Der wichtigste Schritt ist, einen erfahrenen Strafverteidiger zu engagieren.“ Praktischerweise gibt es dann noch ein paar Verteidigungsansätze gratis mit an die Hand, die laut der KI mit dem Anwalt zu erörtern sind. Dazu gehören unter anderem der „Nachweis der fehlenden betrügerischen Absicht“ oder der „Beweis dafür, dass du nicht an den fraglichen Handlungen beteiligt warst.“ Danach folgen noch einige Verhaltenstipps für die Hauptverhandlung, wie etwa das Vermeiden von emotionalen Ausbrüchen oder impulsivem Verhalten. Ganz so, als würde ChatGPT Hand in Hand mit dem Strafverteidiger des Vertrauens arbeiten. Kein Gegeneinander, sondern eher eine Art Symbiose, meint ChatGPT.
Und wie sehen das die Strafverteidiger? Dass sie keine Freudensprünge über die KI-Verteidigungsansätze machen, liegt auf der Hand. Sie haben erschreckend viel Zeit, Geld und Nerven investiert, um schlussendlich als Anwälte tätig werden zu dürfen. Selbstverständlich wissen sie auch nach zwei Staatsexamen längst nicht alles. Aber sie wissen, dass ein Betrug mehr als zwei Tatbestandsvoraussetzungen hat. Sie ist nicht immer erreichbar. Aber sie telefonieren vielleicht in diesem Moment mit der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht, um eine Hauptverhandlung abzuwenden. Sie ist nicht immer bestens gelaunt. Aber wenn beim Mandanten Tränen fließen, reichen sie ein Taschentuch. Sie machen Fehler. Aber ChatGPT auch:
„Die KI bleibt ein „Computerprogramm und kann menschliches Verständnis, Kontext oder moralisches Urteilsvermögen nicht vollständig replizieren. Es kann passieren, dass sie Fehler macht, Informationen fehlinterpretiert oder auf veraltete Daten zurückgreift, besonders wenn es um aktuelle Ereignisse geht.“ (https://chatopenai.de)
Damit steht die Antwort auf die Eingangsfrage, warum überhaupt noch Strafverteidiger benötigt werden, eindeutig fest: Weil sie es einfach können.
Natürlich eröffnet ChatGPT auch Chancen, gerade für alle diejenigen, die sich keinen Strafverteidiger leisten können und auch keine Pflichtverteidigung in Betracht kommt. Wer sich durch KI verteidigen lässt, kennt immerhin den groben Ablauf einer Hauptverhandlung und weiß, dass er die Verfahrensbeteiligten nicht anzuschreien hat.
Die von ChatGPT befürwortete Symbiose zwischen KI und Strafverteidigern bleibt jedoch nur in der virtuellen Welt eine gute Idee. Wie sagt man so schön: Viele Köche verderben den Brei. Vor allem wenn einer der Köche ein KI-Chatbot ist.