YouTuber verschafft sich Bundesverdienstkreuz - strafbar oder einfach nur provokant?

Mit seiner neuesten Aktion hat ein YouTuber erneut für reichlich Aufmerksamkeit gesorgt – diesmal, indem er sich durch eine fingierte Identität ein Exemplar des Bundesverdienstkreuzes zuschicken ließ. Einige Zuschauer feierten diese Aktion, aber auch die Empörung ließ nicht lange auf sich warten: Hat der YouTuber damit eine Grenze überschritten? Und vor allem: Ist sein Verhalten strafbar?

I. Wer ist dieser YouTuber?

Im vorliegenden Fall geht es um einen 28- jährigen YouTuber, der auch schon in der Vergangenheit mit verschiedenen Aktionen aufgefallen ist. Einige davon hatten bereits strafrechtliche Konsequenzen. 2020 hatte er sich mittels Fälschung einer Dissertationsurkunde einen Doktortitel in den Personalausweis eintragen lassen. Er betonte bei dieser Aktion deutlich machen zu wollen, dass die Behörden überlastete seien. Anfang 2022 wurde er dann vor dem Amtsgericht Tiergarten zu einer Geldstrafe verurteilt.

Doch das war nur eine von vielen seiner trickreichen Aktionen. Der YouTuber sorgte vor allem auch bei der Heim-EM im Sommer 2024 für eine medienaufmerksame Aktion: Zum einen schaffte er es als Spieler beim DFB-Team auf den Platz und zum anderen verkleidete er sich als Maskottchen beim Eröffnungsspiel der EM. Die UEFA erteilte ihm daraufhin ein Hausverbot. Weitere strafrechtliche Ermittlungen wegen Hausfriedensbruchs, Urkundenfälschung und Erschleichen von Leistungen laufen noch.

II. Die Aktion: Ein Orden durch Täuschung

Im April 2025 veröffentlichte der YouTuber ein Video, in dem er schildert, wie er an ein Bundesverdienstkreuz gekommen ist. Er gibt sich als angeblicher Nachlassverwalter des 2016 verstorbenen TV-Moderators Peter Lustig aus. Unter dem Namen „Marc Furmich“ – einer fiktiven Figur – kontaktiert er den Hersteller des Bundesverdienstkreuzes, das Unternehmen Steinhauer & Lück. Er behauptet, der Orden Lustigs sei gestohlen worden und bittet um eine Ersatzanfertigung. Der Hersteller fordert daraufhin das Vorlegen der Verleihungsurkunde. Kurz darauf wendet sich der Hersteller mit einer weiteren E-Mail an den YouTuber und obwohl er keine Verleihungsurkunde vorlegen kann, reicht am Ende ein alter Zeitungsartikel als „Nachweis“ aus. Der Orden wird ihm für 149 Euro verkauft und zugeschickt.

Der YouTuber zeigt sich in seinem Video zwar „entsetzt“, wie leicht er an sein Ziel gekommen war, schließlich ist das Bundesverdienstkreuz eines der höchsten Auszeichnungen in Deutschland. Er steckt sich das Ehrenzeichen aber dennoch an die Brust. Dabei stellt er ironisch die Frage, ob das nun Amtsanmaßung sei. 

III. Hat sich der YouTuber strafbar gemacht?

Das Bundesverdienstkreuz ist kein beliebiger Gegenstand, sondern eine staatliche Auszeichnung. Vergeben wird sie vom Bundespräsidenten für besondere Verdienste um das Gemeinwohl (§ 3 OrdenG). Auch wenn der physische Orden nach dem Tod eines Trägers bei den Erben verbleibt, darf er nicht einfach getragen werden – es handelt sich um eine höchstpersönliche Auszeichnung.

Das Vorgehen des YouTubers wirft also gleich mehrere juristische Fragen auf:

1. Ist die Täuschung auch gleichzeitig ein Betrug?

Zwar hat der YouTuber das Herstellerunternehmen gezielt getäuscht, doch für die Verwirklichung des Tatbestandes eines Betruges gemäß § 263 StGB müsste auch ein Vermögensschaden entstanden sein. Eine entgeltliche Überlassung des Bundesverdienstkreuzes an eine Privatperson ohne Vorlage eines Berechtigungsnachweises – insbesondere der Verleihungsurkunde – ist nach § 14 Abs. 1 OrdenG unzulässig. Daraus ließe sich zunächst schließen, dass ein solcher Orden mangels Verkehrsfähigkeit nicht dem Schutz des Betrugstatbestandes nach § 263 StGB unterfällt.

Dieser Argumentation steht jedoch die herrschende Auffassung zum wirtschaftlichen Vermögensbegriff entgegen, die auch rechtswidrig erlangte oder nicht verkehrsfähige Positionen – etwa den Besitz von Betäubungsmitteln – unter den Schutz des Vermögensstrafrechts stellt. Entscheidend ist allein, ob der Gegenstand für den Betroffenen einen wirtschaftlichen Wert darstellt und damit disponibel ist. Vor diesem Hintergrund ist auch der rechtmäßige Besitz eines staatlich verliehenen Ordens grundsätzlich als vermögenswerter Vorteil anzusehen und kann folglich tauglicher Gegenstand einer Vermögensverfügung im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB sein.

Im vorliegenden Fall zahlte der YouTuber an das Unternehmen einen Betrag in Höhe von 149 Euro zuzüglich Umsatzsteuer und Versandkosten. Das Unternehmen erhielt damit die vollständige, von ihm selbst festgelegte Gegenleistung für die angebotene Leistung. Ein wirtschaftlicher Nachteil im Sinne eines Vermögensschadens ist daher nicht ersichtlich. Auch mögliche Reputationsschäden fallen nicht unter den Schutzbereich des Betrugsparagrafen.

2. Urkundenfälschung? Nein – aber Fälschung beweiserheblicher Daten

Eine klassische Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB liegt ebenfalls nicht vor. E-Mails gelten juristisch nicht als Urkunden, da sie keine dauerhafte, körperliche Form haben. 

Relevanter ist hier § 269 StGB – die Fälschung beweiserheblicher Daten. Denn der YouTuber hat sich per E-Mail eine falsche Identität gegeben. Er unterzeichnet mit fremden Nam en und gibt sich auch als Leiter des sich von ihm ausgedachten Unternehmens „Lightbox Media“ aus. Er gibt somit eine rechtserhebliche Erklärung, um den Orden zu erhalten. Es liegt damit eine Datenurkunde vor die zur Täuschung des Herstellers Steinhauer & Lück dienen sollte. Der YouTuber hat sich somit nach § 269 Abs. 1 Var. 3 StGB strafbar gemacht.

3. Amtsanmaßung oder Missbrauch von Abzeichen?

Auch wenn es provokant wirkte – das Anstecken des Ordens ist keine Amtsanmaßung gemäß § 132 StGB, da das Tragen eines Ordens keine hoheitliche Funktion darstellt. Der Missbrauch von Titeln und Abzeichen gemäß § 132a StGB greift ebenfalls nicht – das Bundesverdienstkreuz zählt nicht zu den besonders geschützten Abzeichen im Sinne der Vorschrift.

Relevant wird jedoch § 8 OrdenG: Danach dürfen die Auszeichnung nur diejenigen tragen, die tatsächlich mit diesem geehrt wurden. Der entscheidende Punkt: Das Tragen ist nur dann ordnungswidrig, wenn damit die Ehrung beansprucht wird. In seinem Video betonte der YouTuber mehrmals, dass er nicht ausgezeichnet wurde. Juristisch gesehen nimmt er also die Auszeichnung nicht für sich in Anspruch – und bleibt somit auf der sicheren Seite.

4. Strafbarkeit des Herstellers?

Auch der Hersteller könnte sich rechtswidrig verhalten haben. Laut § 15 Abs. 2 Nr.1 i.V.m § 14 Abs. 1 OrdenG darf ein Orden nur gegen Vorlage eines gültigen Berechtigungsnachweises – in der Regel die Verleihungsurkunde – verkauft werden. Ein Zeitungsartikel reicht hierfür nicht aus. Der Verkauf an den YouTuber verstößt damit möglicherweise gegen das Gesetz. Der YouTuber selbst kann für diesen Verstoß allerdings nicht verantwortlich gemacht werden.

IV. Fazit: Eine gesetzlich grenzwertige Provokation

Im Ergebnis hat sich der YouTuber mit diesem Fall erneut in eine rechtliche Grauzone begeben – mit Absicht. Strafrechtlich lässt sich ihm nur der Verstoß gegen § 269 StGB vorwerfen, also die Fälschung beweiserheblicher Daten. Weder Betrug noch Urkundenfälschung oder Amtsanmaßung liegen vor. Das Tragen des Ordens bleibt unterhalb der Schwelle zur Ordnungswidrigkeit, weil der YouTuber keine offenkundige Ehrungsbehauptung aufstellt.

Sein Vorgehen offenbart aber auch eklatante Schwächen im Umgang mit staatlichen Auszeichnungen – ein Umstand, den er selbst kritisch hervorhebt. Ob das ausreicht, um seine Aktion zu rechtfertigen, bleibt eine Frage der Moral. Rechtlich jedoch hat er – wieder einmal – mit minimalem Aufwand und maximaler Wirkung eine empfindliche Lücke im System offengelegt.

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