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AutorenbildPhilipp Hillingmeier

Mindeststrafe bei § 184b StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte) wird (wieder) herabgesetzt.

Aktualisiert: 4. Juli


Zum 1. Juli 2021 wurde der Tatbestand der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes kinderpornographischer Inhalte (§ 184b StGB) grundlegend reformiert. Die Strafrahmen wurden deutlich verschärft. Besonders drastisch: auch für den Besitz eines einzelnen Bildes wurde die Strafandrohung von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren angehoben. Geldstrafen kommen gar nicht mehr in Betracht. Diese Einstufung als „Verbrechen“ schließt auch die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung gegen Auflage nach §§ 153, 153a StPO und einen Verfahrensabschluss durch Strafbefehl aus.


Ein Laptop, der halb aufgeklappt ist und im Dunkeln steht

In der Praxis treten zahlreiche Fälle auf, in denen eine Strafandrohung von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe keine tat- und schuldangemessene Reaktion mehr darstellt. Auch mehrere Gerichte halten die Regelung so für verfassungswidrig und haben sie dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt, so z.B. das Amtsgericht Buchen (BeckRS 2023, 1366). Der konkrete Fall macht dies besonders deutlich: Eine junge Frau war ungewollt durch automatischen Download in den Besitz inkriminierten Materials gekommen und hatte dieses aus Nachlässigkeit nicht gelöscht. In anderen Fällen leiteten besorgte Eltern Material an andere Eltern oder Lehrer weiter, um Alarm zu schlagen und mussten sodann selbst mit einer Anklage zum Schöffengericht rechnen.


Auch der Deutsche Richterbund und andere Experten hatten bereits vor der pauschalen Einstufung aller Handlungen nach § 184b StGB als Verbrechen gewarnt. Sie befürchteten Wertungswidersprüche und Erschwernisse für die Strafverfolgung, die nunmehr auch eingetreten sind.


Die Strafandrohung wird aber auch einem großen Anteil jugendlicher Täter und Täterinnen nicht gerecht, da Staatsanwaltschaften und Gerichte nicht mit der gebotenen Flexibilität reagieren können. Denn Motivation ist hier in der Regel - für den jugendlichen Entwicklungsstand typisch - Unbedarftheit, Neugierde oder mangelnde Unrechtsreflexion, zumeist nicht aber pädosexuelle Kriminalität.


Einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist die Bundesregierung nun zuvorgekommen und will in einem Gesetzesentwurf vom 04.03.2024 (Drucksache 20/10540) die Mindeststrafe bei § 184b Abs. 1 StGB auf sechs Monate und bei § 184b Abs. 3 StGB auf drei Monate absenken. Am 16.05.2024 wurde der Gesetzesentwurf im Bundestag verabschiedet. Es ist zu erwarten, dass das Gesetz bald in Kraft tritt.


Die Gesetzesänderung war dringend notwenig und ist aus unserer Sicht zu begrüßen. Rechtstechnisch sinnvoll ist insbesondere die Absenkung der Mindeststrafen - und nicht nur die Einführung eines sog. "minder schweren Falles". Es handelt sich somit wieder um Vergehen, nicht mehr um Verbrechen. Praktisch ist das sehr bedeutsam, denn so wird in Fällen, in denen die Schwere der Schuld nicht entgegensteht, auch eine Einstellung gegen Auflage (§ 153a StPO) oder ein Verfahrensabschluss durch Strafbefehl ohne öffentliche Hauptverhandlung wieder möglich.


Sie haben Fragen oder sind auf der Suche nach einem Anwalt beim Vorwurf Kinderpornographie? Nehmen Sie Kontakt zu uns auf und lassen Sie sich noch heute kostenfrei beraten.


Update: Am 28.06.2024 trat die Gesetzesänderung zu § 184b StGB in Kraft. Die neue Rechtslage damit auch für Altfälle anwendbar, die noch nicht rechtskräftig abgeurteilt wurden.

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