Cannabis im Straßenverkehr - (K)ein Problem seit Inkrafttreten des KCanG?

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Svenja Dörge

Anwältin für Strafrecht

6. Juni 2024

Das neue Cannabisrecht sorgt nicht in jeglicher Hinsicht für Entspannung: Zwischen dem Konsum von Cannabis und der Teilnahme am Straßenverkehr besteht weiterhin ein Spannungsverhältnis. Zugleich gelten im Strafverfahren, Ordnungswidrigkeitenverfahren und Verwaltungsverfahren unterschiedliche Vorschriften. Die Verwirrung war nie größer. Wann wird Cannabis im Straßenverkehr also zum Problem?

Fahren unter Cannabis-Einfluss als Ordnungswidrigkeit

Nach § 24a Abs. 2 S. 1 StVG handelt ordnungswidrig, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt.

In der Anlage zu § 24a StVG wird Cannabis als berauschendes Mittel aufgeführt. Eine Wirkung liegt gem. § 24a Abs. 2 S. 2 StVG vor, wenn THC im Blut nachgewiesen wird.

Bislang wurde der THC-Grenzwert von der obergerichtlichen Rechtsprechung auf 1,0 ng/ml festgesetzt.

Nun beabsichtigen die Koalitionsfraktionen, einen gesetzlichen Grenzwert von 3,5 ng/ml THC einzuführen. Die interdisziplinäre Expertengruppe sprach sich bereits für eine Erhöhung des THC-Grenzwertes auf 3,5 ng/ml aus. Ab diesem Grenzwert sei das sichere Fahren eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr regelmäßig nicht mehr gewährleistet, § 44 KCanG.

Allerdings kann auch bei THC-Konzentrationen unterhalb des Grenzwertes ein Verstoß gegen § 24a Abs. 2 StVG vorliegen, sofern entsprechende Ausfallerscheinungen vorliegen.

Welcher Grenzwert aktuell gilt, bleibt unklar. So vertritt das Bayrische Oberste Landesgericht die Auffassung, dass auch in der Übergangsphase der THC-Grenzwert von 1,0 ng/ml bis zu einer gesetzlichen Neuregelung fortbesteht (BayObLG, Beschl. v. 02.05.2024 – 202 ObOWi 374/24).

Strafrechtliche Einordnung von Cannabis im Straßenverkehr

Weiterhin möglich bleibt eine Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 StGB oder Gefährdung des Straßenverkehrs gem. § 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB. Beide Straftatbestände setzen voraus, dass im Straßenverkehr ein Fahrzeug geführt wird, obwohl der Fahrzeugführer infolge des Einflusses berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Im Gegensatz zum Ordnungswidrigkeitenrecht gibt es hierbei keinen festen THC-Grenzwert. Vielmehr kommt es auf drogenbedingte Fahrunsicherheit an, welche anhand von Ausfallerscheinungen (z.B. verlangsamte Reaktionen, auffällige Fahrweise) zu beurteilen ist. Je höher der THC-Wert, desto geringer sind auch die Anforderungen an die Ausfallerscheinungen.

Fahrerlaubnisrechtliche Folgen von Cannabis im Straßenverkehr

Im Verwaltungsrecht finden sich die maßgeblichen Bestimmungen in der Fahrerlaubnisverordnung (FeV).

Nach § 46 Abs. 1 FeV entzieht die Fahrerlaubnisbehörde de Fahrerlaubnis, wenn sich der Inhaber der Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.

Aus der Anlage 4 zur FeV ergibt sich, dass sowohl Cannabismissbrauch als auch Cannabisabhängigkeit zu einer fehlenden Fahreignung und damit zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis führen.

Cannabismissbrauch liegt vor, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Cannabiskonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können, vgl. Anlage 4 zur FeV.

Wann hingegen eine Cannabisabhängigkeit vorliegt, ist gesetzlich nicht definiert und dürfte zukünftig von den Gerichten entschieden werden.

Beim Cannabismissbrauch wird die Fahreignung erst wieder bejaht, wenn die Änderung des Cannabiskonsumverhaltens gefestigt ist. Bei der Cannabisabhängigkeit darf die Abhängigkeit nicht mehr bestehen und in der Regel durch ein Jahr Abstinenz nachgewiesen sein.

Selbst wenn weder Missbrauch noch Abhängigkeit feststehen, können empfindliche Maßnahmen seitens der Fahrerlaubnisbehörde, wie z.B. eine MPU drohen:

In § 13a Nr. 1 FeV heißt es, dass die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnet, wenn Tatsachen die Annahme von Cannabisabhängigkeit begründen.

Die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) ist in § 13a Nr. 2 FeV geregelt. Demnach ist in folgenden Fällen eine MPU anzuordnen:

  • Vorliegen von Anzeichen für Cannabismissbrauch
  • Wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss
  • Entziehung der Fahrerlaubnis aus den unter den beiden oben genannten Gründen
  • Klärung, ob Cannabismissbrauch oder Cannabisabhängigkeit nicht mehr besteht

Zusammenfassend ist daher darauf hinzuweisen, dass die Teilnahme im Straßenverkehr unter Einfluss von Cannabis auch weiterhin mit erheblichen Risiken, insbesondere im Bereich des Fahrerlaubnisrechts, verbunden ist. Es bleibt abzuwarten, ob sich dies durch gesetzliche Regelungen oder obergerichtliche Entscheidungen ändern wird.

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