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Aktuelle Rechtsprechung im Bereich „inkriminierte Dateien“ (§ 184b StGB)
Zum 28.06.2024 senkte der Gesetzgeber die Mindeststrafen für das Delikt „Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte“ nach § 184b StGB nach deutlicher Kritik von Staatsanwälten, Rechtsanwälten und Gerichten deutlich ab. Bei geringem Schuldgehalt sind beim Umgang mit inkriminierten Dateien nunmehr auch Einstellungen gegen Auflage, der Strafbefehlsweg und Geldstrafen, die nicht in das Führungszeugnis aufgenommen werden, wieder möglich. Hier setzen wir als Rechtsanwälte und Strafverteidiger an.
In jüngerer Zeit sind in diesem Deliktsbereich zahlreiche Urteile veröffentlicht worden, die für künftige Verfahren von Relevanz sind. Dieser Beitrag soll einen Überblick über die wichtigsten Entscheidungen schaffen.
BGH (1. Strafsenat), Beschluss vom 24.07.2024 – 1 StR 239/24
Der Bundesgerichtshof stellt im Beschluss vom 24.07.2024 das sogenannte Konkurrenzverhältnis zwischen dem Besitz von veröffentlichten oder in sonstiger Weise anderen zugänglich gemachten kinderpornographischen Schriften und weiterem, darüber hinausgehend gespeicherten verbotenen Material klar. Die Botschaft: Eine tatmehrheitliche Verurteilung scheidet aus. Es bleibt bei dem Besitz als insgesamt „nur“ eine Tat.
OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 08.07.2024 – 1 Ws 177/23
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. äußert sich zum Begriff des Verbreitens über WhatsApp-Gruppen. Dem Fall lagen zwar inkriminierte Inhalte in Form von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen vor, die Entscheidung gilt aber ebenso für kinderpornographische Inhalte im Sinne des § 184b StGB. Das Merkmal „Verbreiten“ setzte schon nach dem Wortsinn eine Breitenwirkung voraus. Es geht also um das Zugänglichmachen an einen unbestimmten oder jedenfalls nicht mehr kontrollierbaren Personenkreis (vgl. BGH NStZ 2017, 405). Wenn inkriminierte Inhalte mit einer privaten WhatsApp-Gruppe mit überschaubarem Personenkreis geteilt werden, stellt dies nur dann ein Verbreiten dar, wenn anzunehmen ist, dass ein Empfänger den Inhalt an eine größere, nicht mehr zu kontrollierende Personengruppe weiterleitet.
BGH (2. Strafsenat), Beschluss vom 04.07.2024 – 2 StR 111/24
Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass der Umgang mit kinderpornographischen Inhalten nach der Neufassung vom 26.06.2024 kein taugliches Delikt mehr ist, um die Sicherungsverfahrung anzuordnen. Denn § 66 Abs. 3 S. 1 StGB verlangt, dass es sich bei der Tat um ein Verbrechen handeln oder zu einzelnen Delikten des 13. Abschnitts des Strafgesetzbuches zählen muss. Beides trifft auf den Umgang mit inkriminierten Daten nach § 184b StGB nach seiner Neufassung nicht mehr zu.
BayObLG (6. Strafsenat), Urteil vom 24.05.2024 – 206 StRR 94/24
Auch das Bayrische Oberste Landesgericht äußerte sich nunmehr zum sog. „Onkel-Meme“. Dieses in den sozialen Netzwerken oft geteilte Bild zeigt im Vordergrund einen älteren Mann mit einer Bier in der Hand sowie den Text „Habe ein altes Bild von meinem Onkel gefunden. Er war ein ganz schöner Haudegen! Ich habe im Hintergrund gespielt …“. Weiter im Hintergrund ist ein etwa sechs Jahre alter Junge zu sehen, welcher vor einem anderen Kind kniet, deren Beine gespreizt hält und eine Position, die an eine mögliche Position beim Geschlechtsverkehr erinnert, einnimmt. Nachdem Rechtsanwalt Hillingmeier bereits vor einem anderen Instanzgericht bezüglich des gleichen Bildes nach einer Anklage zum Schöffengericht sodann eine Nichteröffnungsentscheidung erwirken konnten (dies gleicht einem Freispruch im Zwischenverfahren), nunmehr auch Zustimmung sogar aus dem konservativen Bayern. Die Staatsanwaltschaft hatte sich noch in der Revision auf den Standpunkt gestellt, es handele sich um Kinderpornographie im Sinne des Gesetzes. Das Bayrische Oberste Landesgericht urteilt aber richtigerweise, es müsse auf die Gesamtdarstellung und den Gesamtgehalt des Bildes abgestellt werden. Das Amtsgericht sei rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, das Bild sei jedenfalls nicht ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung sexueller Reize beim Betrachter ausgerichtet. Es seien auch keine sexuellen Handlungen oder Geschlechtsteile der Kinder zu sehen. Der Aussagegehalt des Bildes bleibe nach dem Gesamtwerk unklar und habe keinen überwiegend sexuellen Inhalt, so der Senat.
BGH (6. Strafsenat), Beschluss vom 16.05.2024 – 6 StR 567/23
Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass der bedingte Vorsatz für eine Tat nach § 184b StGB voraussetzt, dass der Täter auch den kinderpornographischen Charakter der Darstellung zumindest in laienhafter Weise erkennt und für möglich hält. Darauf sei regelmäßig schon aus dem objektiven Inhalt der Aufnahmen zu schließen, etwa wenn diese sexuelle Handlungen darstellen. Enthalten die Aufnahmen dagegen ein ambivalentes Geschehen, das auch nicht offensichtlich auf die Befriedigung sexueller Bedürfnisse ihrer Betrachter ausgelegt ist, lasse sich allein aus dem Inhalt der Aufnahmen nicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände auf einen entsprechenden Vorsatz schließen.
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