"Pädo-Hunter": Eine strafrechtliche Einordnung

Das Bundeskriminalamt (BKA) meldet weiterhin einen Anstieg bei Straftaten im Bereich der Sexualdelikte gegen Kinder und Jugendliche. Insbesondere die Fallzahlen zu Herstellung, Verbreitung, Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornografischer Inhalte steigen signifikant.

Grundsätzlich ist gem. §184b StGB jeglicher Umgang mit Kinderpornografischen Schriften (§ 11 StGB) strafbar. Kinderpornografisch ist eine Schrift, wenn sie sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter 14 Jahren (Kind), die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung oder, die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes darstellt.


Mit den steigenden Fallzahlen schwindet jedoch das Vertrauen in staatliche Ermittlungsbehörden. Dies hat zur Folge, dass sich private Gruppierungen, die sich selbst als „Pädo-Hunter“ bezeichnen, in die Strafverfolgung einmischen. Sie behaupten, durch ihre Aktivitäten Kindesmissbrauch zu verhindern und Kinder zu schützen. Doch ihr Vorgehen bewegt sich rechtlich oft an der Grenze zur eigenen Strafbarkeit.

Die Vorgehensweise

Die Gruppen erstellen gefälschte Profile von Minderjährigen auf Internetplattformen, um von vermeintlich pädophilen Personen kontaktiert zu werden. Nach dem Sammeln von Nachrichten und Bildern arrangieren sie Treffen mit den Personen, die glauben, auf Minderjährige zu treffen. Am vereinbarten Treffpunkt stellen die „Pädo-Hunter“ diese Personen zur Rede und schalten anschließend die Polizei ein. Die dabei entstandenen Videoaufnahmen werden häufig – teils zensiert oder als animierte Inszenierung – auf Plattformen wie YouTube oder Rumble veröffentlicht.

Strafbarkeit

Die Handlungen der „Pädo-Hunter“ stoßen in der Öffentlichkeit teils auf Zustimmung, während die Strafverfolgung dieser Taten oft kritisiert wird. Ob und inwieweit eine Strafbarkeit gegeben ist, hängt jedoch von den konkreten Umständen ab.

Insbesondere die Veröffentlichung der Videoaufnahmen kann Straftatbestände gegen die Unverletzlichkeit des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs erfüllen, insbesondere nach §§ 201 Abs. 1 Nr. 1, 201a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB. Außerhalb des Strafgesetzbuches sind zudem Verstöße gegen die §§ 22, 23, 33 Abs. 1 des Kunsturheberrechtsgesetzes (KUG) denkbar.

Weiterhin kommen Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit und persönliche Freiheit in Betracht, insbesondere §§ 223, 239 Abs. 1, 240 Abs. 1 und 2 StGB. Auch Beleidigungen gemäß §§ 185 ff. StGB könnten relevant sein. Die möglichen Straftatbestände sind dabei nicht abschließend, da die Fälle individuell sehr unterschiedlich gelagert sind.

Ein prominentes Beispiel zeigt, dass die Schwelle zur Strafbarkeit niedrig ist: Ein „Pädo-Hunter“ aus Krefeld wurde selbst strafrechtlich verfolgt, nachdem er kinderpornografisches Material ausgetauscht und die so „ermittelten“ Täter bei der Polizei angezeigt hatte. Bei einer Hausdurchsuchung wurde ein USB-Stick mit belastendem Bildmaterial entdeckt. Dieses Material wurde angeblich zur Beweissicherung gesammelt. Dennoch erfüllt allein der Besitz solcher Inhalte gemäß § 184b Abs. 3 StGB die Voraussetzungen der Strafbarkeit, da der Täter sowohl die Verfügungsgewalt als auch den Besitzwillen gehabt haben muss – beide Kriterien waren in diesem Fall erfüllt.

Fazit: Grenzen privater Ermittlungen

Die Strafverfolgung ist in Deutschland Aufgabe staatlicher Einrichtungen, die durch das staatliche Gewaltmonopol geschützt ist. Private Ermittlungen, wie sie die „Pädo-Hunter“ durchführen, untergraben dieses Gewaltmonopol und bergen für die Beteiligten ein hohes Risiko strafrechtlicher Konsequenzen. Es ist daher dringend erforderlich, staatliche Ermittlungsstrukturen zu stärken und das Vertrauen in deren Arbeit wiederherzustellen, anstatt die Strafverfolgung auf private Gruppen zu verlagern.

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